RCN 8 – 3h Rennen – mehr Eiskunstlauf als Rennen fahren

Wie immer schreibe ich heute meine ungeschönte Meinung, wenngleich ich nicht alles das schreiben kann, wie es mir auf der Zunge liegt. Aber eins nach dem anderen.

RCN 8, das 3h Rennen auf dem Nürburgring in der VLN-Streckenvariante ist traditionell der Abschluss der RCN; leider in der Regel Ende Oktober mit entsprechend instabilem Wetter.

Ich bin die letzten zwei Jahre das Rennen gefahren. Vor zwei Jahren bei strömendem Regen, letztes Jahr bei Sonnenschein. Einige Tage vor dem Rennen war schon abzusehen, dass wir dieses Jahr Regen (dabei) haben werden. Wie stark, war natürlich nicht klar.

Mit Blick und Priorisierung auf die Jahreswertung war die Herangehensweise für uns klar gesteckt. Ankommen ist die Priorität, sodass wir noch den ein oder anderen Punkt bekommen können, um die Position zu sichern.

Zum Training und Qualifying haben wir dann bereits eine feuchte Strecke vorgefunden (wie erwartet), weshalb wir mit Regenreifen gestartet sind. Luca fuhr zuerst raus und hatte das Auto geprüft, ob alles gut funktioniert und zudem ein paar Punkte abgearbeitet für die spätere Taktik und Rennverlauf, die wir in der Vorbereitung aufgeschrieben hatten.

Das Training ging nahtlos in das Qualifying über. Gemäß unserem Programm fuhr ich ebenfalls ein paar Runden im Quali, um die Verhältnisse der Strecke zu erfahren. Neben einmal der Motorkontrolleuchte hatten wir an sich keine Probleme, bis auf die abzeichnenden Bedingungen auf der Strecke unter Vorgabe der Reifen vom Veranstalter. Durch den Regen, Nieselregen, kalte Temperaturen und starken Wind, gelang es uns nicht, die benötigte Temperatur in die Reifen zu bekommen, um etwas mehr Grip zu haben. Dadurch waren keine schnellen Rundenzeiten möglich.

Da andere Fahrer ähnliche Schwierigkeiten hatten, konnten wir uns dennoch auf P5 in der Klasse qualifizieren.

Danach wurde das Auto nochmal durchgecheckt. Reifen wurden nicht gewechselt, da der Regen kurz vor dem Vorstart wieder stärker wurde und auch weiterhin keine Besserung in Sicht war.

So ging es gespannt in die Einführungsrunde, wie der Zustand der Strecke ist und wie man Bremsen und Reifen einigermaßen auf Temperatur bekommt, bevor zum Bremspunkt von Kurve 1 geht. Ich durfte den Start fahren, da Luca ihn letztes Jahr bei seinem ersten Rennen gefahren war. Allerdings kam es erst gar nicht soweit…

Während der Einführungsrunde erwartete uns über gefühlt die Hälfte der Strecke eine Menge Bindemittel. Teils eine Spur, teils über die gesamte Fahrbahn verteilt, teils waren die E-Units noch am Streuen, zudem einige Code 60 Flaggen. Ein Zustand, wie ich ihn noch nicht erlebt habe. Nichtsdestotrotz wedelten wir auf der Döttinger Höhe hin und her zwecks Temperaturen, um dann zu starten, was wohl auch einige Teilnehmer vorne im Feld getan haben, aber dann feststellen mussten, dass das Intervention Car gar nicht abgebogen ist und die Ampel nicht auf Grün geschaltet wurde. Somit gab es keinen Start, sondern noch eine zweite Einführungsrunde. Das Feld fand sich etwas durchgemischt wieder, denn eine neue Sortierung gemäß Qualifying gab es nicht.

Am Ende von der zweiten Einführungsrunde ähnliches Szenario, denn vermutlich haben nicht alle Funk, gingen also von einem Start aus, aber den gab es erneut nicht. Ich wurde vom Team per Funk informiert, dass sich alle auf der Start/Ziel-Geraden aufstellen müssen und wir anhalten. Dort aufgestellt kam ein Kollege aus dem Intervention Car zu uns Fahrern und informierte uns, dass es noch rund 15 Minuten dauern wird, bis weiter abgestreut ist und wir dann nochmal in die Einführungsrunde gehen.

Dies war dann auch der Fall, jedoch haben sich einige Teams inzwischen überlegt, dass das heute keinen Sinn macht, zu fahren. Letztlich ist das eine Risikoabschätzung und man kann deutlich mehr verlieren, als zu gewinnen. Das Bild der Strecke bei den Einführungsrunden war erschreckend und letztlich wurden wir gestoppt, weil die Strecke als nicht fahrbar deklariert wurde von der Rennleitung. Und meiner Einschätzung nach, hat sich das zur dritten Einführungsrunde auch nicht grundlegend geändert. Etwas mehr Bindemittel macht es halt auch nicht besser bei Regen und Kälte und schlechten Regenreifen.

Luca hat mich am Funk kurz darüber informiert, dass andere Teilnehmer in die Box fahren und abstellen und das Risiko nicht eingehen und mir freigestellt, gleiches zu tun, wenn ich der Meinung bin, dass es zu riskant ist zu fahren. Zur Erinnerung: unsere Prio 1 war und ist immer, das Auto ganz zu lassen. Meine Antwort darauf: „Ich denke, es geht zu fahren, allerdings an vielen Stellen nur sehr langsam. Das wird kein Rennen, sondern das Auto über die Strecke tragen. Ich schaue mir die Strecke in der nächsten Einführungsrunde aber nochmal an und entscheide dann.“

Gesagt, getan. Es ging in die nächste Einführungsrunde und das Bild hat sich ebenfalls bestätigt. Katastrohale Zustände. Der Start verlief dann entspannt, da das Feld recht weit auseinandergezogen war am Ende der Startgruppe 1. Von Anfang an hatte ich die bekannten Probleme mit der Temperatur in den Reifen und bei jedem bisschen Gas-Stoß wackelte das Heck. Da ich generell eher defensiv fahre, wenn ich mich nicht 100% wohl fühle, habe ich 1, 2 Fahrzeuge auch direkt am Start durchgelassen und da gar keine große Gegenwehr versucht, sondern mich auf mich und die Streckenverhältnisse konzentriert.

Letztlich waren immer noch Abschnitte wie bspw. Bergwerk bis hohe Acht unter Code 60! Steilkurve ging bei jeglichem Tempo das DSC an (unterhalb von 60), ebenso Ex-Mühle bei jeder Runde, die ersten Runden Ausgang Bellof-S, Hatzenbach sowieso, usw. Ganz ehrlich, das war kein Rennen fahren (eher Eiskunstlaufen) und das hat auch keinen Spaß gemacht. Ich verbuche es unter Erfahrung sammeln unter schwersten Bedingungen auf der Nordschleife.

Die Rundenzeiten entsprechend unterirdisch und auch nichts, worauf ich stolz bin. Wäre mehr möglich gewesen? Sicherlich. Wollte ich mir noch mehr Drifts dafür antun? Nein. Die, die ich hatte, haben mir gereicht. Auch wenn es Platzierungen gekostet hat.

Heute sehe ich von vielen anderen Teilnehmern die Drifts und das sieht hinterher toll aus, wenn es am Ende geklappt hat und nicht zu einem Crash geführt hat. Ich freue mich für jeden, bei dem das funktioniert hat und die Fahrer entsprechend auch tolle Fähigkeiten haben. Dieses Adrenalin brauche ich allerdings nicht. Vernunft geht bei mir vor Rundenzeit, Ego, etc.

Bin ich dadurch kein Vollblut Racer? Ja. Ich glaube, ich bin einfach der nette Gentleman Driver von nebenan, der den ganzen Kram mühselig aus der eignen Tasche bezahlen muss, daher erst spät mit dem Motorsport angefangen hat und durch das Alter und die wenigen Möglichkeiten an Training auch keine Ambitionen mehr hat, der nächste Superstar zu werden oder irgendjemand was zu beweisen.

Dennoch kann ich meistens gute Ergebnisse erzielen und mich stetig verbessern. Sicherlich verbessere ich mich auch weiter auf der Nordschleife im Regen, wenn ich öfter bei Regen zum Fahren komme. Das kann ich aber selbst nicht beeinflussen.

Zurück zum Rennen. Dieses wurde übrigens aufgrund der Verspätung des Starts von Endzeit 18 Uhr auf 18:30 Uhr verändert. Somit war es eine Renndistanz von 2,5 Stunden. Fairerweise muss ich auch sagen, die Streckenbedingungen haben sich verändert während des Rennens und das nicht nur negativ. Teilweise hat der Regen aufgehört und in meiner letzten Runde gab es schon eine trockene Linie von Bellof-S bis Hohenrain Schikane oder auch Eschbach/Brünnchen wurden deutlich besser.

Allerdings wurden auch einige Code 60 aufgehoben bzw. gelb/rote Flaggen nicht mehr gezeigt, obwohl es immer noch sehr rutschig war (bspw. Hatzenbach). Dementsprechend wurden aber die Rundenzeiten von Runde zu Runde besser.

Da es auch bei Überholmanövern zu keinem Problem kam, konnte ich somit zum geplanten Boxenstopp einfahren und den Wagen an Luca übergeben.

An der Stelle möchte ich diesmal das gesamte Fahrerfeld loben, dass disziplinierter gefahren ist, als wir das sonst bei trockenen Bedingungen meistens haben.

Der Boxenstopp verlief auch einwandfrei. Das Team hat einen super Job gemacht. Geplant waren zwei Stopps und so haben wir es auch durchgezogen, da durch das langsame Tempo auch nicht viel Sprit verbraucht wurde. Somit kam Luca ein paar Runden später nochmal zu einem Stopp, um die 10 Minuten Mindeststandzeit zu erfüllen, da der erste Stopp schnellstmöglich erledigt wurde, um hintenraus Puffer zu haben. Mit gesamt 10:00.679 Min haben wir die beste Boxenstoppzeit des gesamten Starterfelds erreicht! Nochmals Gratulation an das Team für diese Leistung!

Wie die Runden bei Luca gelaufen sind, werdet ihr von ihm erfahren. Am Ende konnte er durchs Ziel fahren und wir haben auf Platz 8 von 11 in der Klasse das Rennen beendet. Dadurch, dass wir einige bessere Platzierungen dieses Jahr hatten, hatten wir uns insgeheim natürlich etwas mehr erhofft, jedoch sind wir am Ende froh, dass wir wieder heil im Ziel angekommen sind und wir mit dem Ergebnis auch unseren Platz in der Jahreswertung halten konnten. Ziel erreicht.

Bleibt noch ein Fazit zu dem Rennen:

Warum beschwere ich mich so viel, wo wir doch alle einen auf Rennfahrer machen und somit bei allen Bedingungen gute sein müssen?

Ja wir sind gefahren und es hat funktioniert. Aber zu was für einem Preis? Ich zahle das viele Geld, um Rennen fahren zu können und nicht um über die Strecke zu cruisen oder zu driften; das kann ich für weniger Geld bei den Touristenfahrten, Trackdays oder Drift Trainings machen.

Ja, es ist eine Outdoorveranstaltung. Ja, wer Rennfahrer sein will, muss auch unter schlechten Bedingungen das Auto beherrschen. Aber wenn selbst die Besten Fahrer der Serie um die 5 Minuten pro Runde länger brauchen als normal, läuft was gewaltig schief; und dieses Mal lag es faktisch nicht an den Wetterbedingungen, sondern an den Reifen und dem vielen Öl auf der Strecke, dass nur mit Bindemittel abgestreut wurde. Vielleicht hätte man die Strecke vorher besser reinigen können?!

Die Rückmeldungen aus dem Fahrerfeld waren durchweg, die Reifen sind bei den Bedingungen nicht fahrbar. Auch ein Punkt der Rahmenbedingungen. Vorgeschriebene Reifenwahl, obwohl die Fahrer seit Jahren das Feedback geben, dass diese Reifen bei nassen und kalten Bedingungen nicht geeignet sind. Geändert wurde am Reglement bisher nichts. Es erscheint, wie bei so vielen Themen in Deutschland, erst wenn was Schlimmes passiert, wird mal reagiert. Prävention ist ein Fremdwort. Man sollte dabei nicht vergessen, dass die RCN eine Einstiegsserie auf der Nordschleife ist und viele Fahrer wenig bis keine Erfahrung auf der Strecke haben und erst recht nicht bei solchen Bedingungen.

Das Fahrer sich dazu entschieden haben, bei den Bedingungen gar nicht erst zu starten, ist nachvollziehbar, da die Risikoabschätzung zu diesem Ergebnis kommen kann. Für die meisten Fahrer ist es reines Hobby und außer Ruhm und Ehre gibt es nichts zu gewinnen, aber viel Geld zu verlieren, wenn es doch mal kracht; im Zweifel geht es sogar um das leibliche Wohl. Bei Öl, Bindemittel und Regen Mischung, fahren sich viele Stellen wie auf Eis. Unter Rennbedingungen kann man sich nicht nur auf sich selbst konzentrieren, auch die Mitstreiter gehören dazu oder das Achten auf die Sportwarte. Nicht jeden Ölfleck sieht man auf der Strecke, man ist in Stresssituationen und fährt dann mit quasi null Grip. Für mich nicht nachvollziehbar.

Hinterher kann man jetzt sagen, es sind nicht viele Teilnehmer ausgefallen. Es war doch alles richtig und gut. Ich finde diese Risikoabwägung zu riskant im Breitensport Motorsport auf der bei Idealbedingungen schon anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt.

Ich möchte mich nochmal beim Team KWS_RS bedanken. Es war erneut eine super Teamleistung.

vln-pix.com

Luca

KWS-RS Motorsport